Erzengel Michael und die Kreuzritter
Februar 18th, 2011 von Hans Blazejewski
Erzengel Michael, der Streiter, der siegreiche Held von Gottes Gnaden. Was wenn Satans teuflischer Plan aufgegangen wäre? Das wollen wir uns nicht weiter ausmalen. Das, was wir sind, was wir sehen und erleben in unserer Welt, das reicht uns schon. Nach dem Buch der Offenbarung gab es im Himmel einen Kampf heftigen. Erzengel Michael und die Engel gegen den Drachen und seine Engel-Anhänger. Der Michael hat drein- und draufgehauen mit seinem Schwert, das wie ein stilisiertes Kreuz ausschaut.
Die Kreuzritter nahmen sich später Schwert und Kampftechnik zum Vorbild. Schwarzes Kreuz auf weißem Grund. Dazu ihre Schwerter. Und immer feste drauf auf die ungläubige Heidenschar. Reden wir über die Pruzzen. Dieses unglückliche Volk, dessen Lebensraum zwischen Weichsel und weit bis ins heutige Litauen hinein reichte.
Hier ein Auszug aus einem Roman-Manuskript:
Also, die Ritter mit dem schwarzen Kreuz auf weißem Grund. Wen die Götter lieben, der hört und sieht, wie sie im 13. Jahrhundert den Pruzzen ihre Heimat rauben, indem sie sich dem Wahlspruch Papst Georg VII. hingeben: „Verflucht sei der Mensch, der sein Schwert vom Blut zurückhält“. Der sieht, wie die Eindringlinge aus dem Kreuz mit dem Leidensmann Galgen zimmern, während landauf und landab die Chöre mit den zölibatären Gesichtern Hosianna, Halleluja und Ave Maria singen. Schwör ab, sonst wirst hängen! Bis auch der Letzte baumelte oder zum Kreuze gekrochen kam. Kreuze, die die neuen Herren besonders gern auf den von ihnen zerstörten pruzzischen Heiligtümern errichteten. Der sieht, wie ehemals stolze und freie Pruzzen, niemandem hörig, niemandem tributpflichtig, verarmt und verelendet, geknechtet und geschunden, in ihrem eigenen Land leben. Der sieht, wie ihre Priester ausgerottet werden. Wie man sie erschlägt. Wie sie verbrannt werden oder in den finsteren Verliesen der Zwingburgen der Kreuzritter elendig zu Tode kommen. Der liest in alten Chroniken, daß die Pruzzen mehrere Aufstände gegen die Ordensritter und ihr Gefolge angezettelt hätten. Der liest nicht, daß die Pruzzen in mehreren Freiheitskämpfen versuchten, die Eroberer zu verjagen. Der sieht, wie die päpstlich sanktionierten Raubritter ganze Landstriche „pruzzenfrei“ machen, indem sie die Bewohner in Gebiete zwangsumsiedeln, in denen man sie besser unter Kontrolle halten kann, wenn man sie nicht gar gleich erschlägt. Der hört, wie der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen um 1309 den Pruzzen verbietet, ihre eigene Sprache zu benutzen. Der hört die Schreie derer, die man mit ihren Ohren an die Bäume nagelte. Annagelte, weil sie, der Not gehorchend, sich als Knechte bei den neuen Herren verdingten, schließlich aber ihrer Freiheitsliebe folgend entflohen, dabei jedoch zu ihrem Pech in die Arme ihrer Häscher gerieten.
Der wird Zeuge, wie die neuen Herren das Land unter sich aufteilen und Burgen, Städte und Dörfer anlegen, während sie die Siedlungen und Behausungen der Einheimischen in Schutt und Asche legen.
Kaum mehr als 300 Jahre Christentum reichten um ein ganzes Volk auszurotten oder per Dominanzkultur zu assimilieren
Es drängt mich hier, aus dem Gedicht Pruzzische Elegie von Johannes Bobrowski, dem viel zu früh verstorbenen, zu zitieren. Der den Pruzzen ein dichterisches Denkmal setzte.
(…)
Volk
Der schwarzen Wälder,
Schwer andringender Flüsse,
Kahler Haffe, des Meers!
Volk
Der nächtigen Jagd,
Der Herden und Sommergefilde!
Volk
Perkuns und Pikolls,
Des ährenumkränzten Patrimpe!
All deiner Götter!
Volk,
Wie keines, der Freude!
Wie keines, keines! Des Todes –
Volk,
Vor des fremden Gottes
Mutter im röchelnden Springtanz
Stürzend –
Wie vor ihrer erzenen
Heermacht sie schreitet, aufsteigend
Über dem Wald! wie des Sohnes
Galgen ihr nachfolgt! —
(…)
Also, die guten Himmelsmächte, mit ihrem Anführer Erzengel Michal, haben auf ganzer Linie gesiegt. Wie in amerikanischen Serien-Western. Ob die Sieger am Ende vor einem lieblichen Hintergrund gestanden und in die himmlische Kamera lachten, das können wir nur vermuten.
Auf jeden Fall, der Weltenverführer und seine teuflischen Anhänger sind auf die Erde gestürzt worden. Aus war es da für sie mit Himmel, Hosianna und Halleluja. Stattdessen unendliche Höllenqualen. Und ewig wird den Bösewichtern Erzengel Michaels Kampfruf »Wer ist wie Gott?« in den Ohren klingen, als Strafe für ihren Hochmut und ihre Auflehnung gegen den göttlichen Willen.
Johann Sebastian Bach hat dem unerschrockenen und unerschaffenen Erzengel Michael einen wunderschönen Choral gewidmet. Wie man sich halt diesen Kampf und seinen guten Ausgang im 18. Jahrhundert vorgestellt hat. Der Drache liegt in der Finsternis und ist mit Ketten gebunden. Der Dämonen Furcht einflößendes Gebrüll hat keine Macht über uns, denn die Engel beschützen uns auf all unseren Wegen.
Natürlich, die Sieger sind immer die Guten. Es war schon immer so, daß sie Ihre Taten und Untaten in ihnen genehmem Licht der Nachwelt zum Gedenken niederschrieben.
Was wollendie Moral-Apostel mit dieser Geschichte vom Erzengel Michael sagen?: Sofern du das Böse in und außerhalb von dir besiegst, wird dir das Himmelreich gehören, denn du gehörst dann zu den Guten. Aber nicht vergessen: Immer schön gut bleiben, sonst lassen dich Erzengel Michael und seine Engelwächter nicht hinein. Sie lassen sich auch nicht durch dein Wehklagen erweichen. Sie führen nur ihre Befehle aus. So bleibt dir nur die Hölle. Allenfalls noch das Fegefeuer, wenn du nicht ganz teuflisch sündig warst.
Zu Johannes Bobrowski, dem zu Unrecht vergessenen Dichter sowie zu den Pruzzen:
Annaberger Annalen
Johannes Bobrowski-Gesellschaft
Ein PDF Artikel zu Johannes Bobrowski
Wikipedia und die Pruzzen
Geschrieben in Kritisches | 2 Kommentare »
August 3rd, 2011 um 12:00 pm
Da kann der Kant noch so oft vom gestirnten Himmel über mir und dem moralischen Gesetz in mir Vorträge halten.
Das was das Böse und was das Gute ist, daß definieren die jeweiligen Mächtigen von Staat und Kirche wie es ihnen gefällt.
Februar 7th, 2012 um 12:21 pm
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