Engelchen und Teufelchen sind glücklich
September 12th, 2011 von Hans Blazejewski
Engelchen und Teufelchen sind glücklich
Zum besseren Verständnis dieser Folge, lesen Sie bitte die beiden vorhergehenden Erzählungen:
Engelchen und Teufelchen Teil 1
Engelchen und Teufelchen Teil 2
Ihr werdet euch sicher denken, daß Teufelchen mit heißer Sehnsucht fast jeden Tag zu dem Baum ging, unter dem es mit Engelchen so schöne Erlebnisse hatte. Dort, wo es so komische Gefühle im Bauch empfand, die es nie vorher gefühlt und die es nicht beschreiben konnte.
Aber trotz der vielen Enttäuschungen saß es fast jeden Tag unter »ihrem« Baum, oder auf der Schaukel, die es vor langer Zeit gebaut hatte und sagte sich immer wieder aufs Neue: Heute wird mein Engelchen gewiß kommen. Und es seufzte dabei leise vor sich hin, wenn ihm die Zeit gar zu lang wurde. Es ist ja auch gut, seine Traurigkeit herauszulassen, will einer nicht darin versinken, mein ich.
Und mit welcher Enttäuschung es mit gesenktem Kopf zur Hölle zurück schlich, weil seine Freundin nicht gekommen war. Heimlich wischte es sich seine Tränen fort, die einfach so kamen, obwohl es sich fest vorgenommen hatte, ganz tapfer zu sein. Ach, das tat ihm so weh in seinem kleinen Teufelsherzchen. Ich glaube, ihr könnt das nachempfinden, falls euch das in eurem Leben auch schon so ergangen ist. Ich meine, wenn ihr mit jemanden verabredet wart und der kam und kam nicht.
Aber sobald Teufelchen sich seinen Kummer weggeschaukelt hatte, war es wieder guten Mutes und dachte sich: das Engelchen ist gewiß verhindert. Es wird schon kommen und dann, dann ist alles gut. Ich werde mein Engelchen in den Arm nehmen und ganz, ganz festhalten und nie mehr loslassen.
Wie es so mit stillem Lächeln vor sich hinträumte, da rauschte und sauste es in der Luft. Der Baum, die Schaukel, ja selbst das Teufelchen, waren von einem strahlenden, goldenen Leuchten umgeben.
Ihr ahnt es gewiß schon. Endlich, endlich! Das Engelchen war gekommen. Es hat sich auch gleich mitten im Schaukeln zum Teufelchen gesetzt. Es nahm ihn in seine Arme und hat ihn ganz lieb begrüßt. Jetzt hat das Teufelchen hat still seinen Kopf an Engelchens Schulter gelegt, dabei sind die Tränen nur so geflossen. Aber diesmal vor lauter Glück. Bald darauf hat Engelchen seinen Freund an die Hand genommen und beide sind, schwupps, von der Schaukel ins Gras gesprungen, gerade als die Schaukel am höchsten in der Luft stand.
Kein Wort hatten sie bis jetzt gesprochen. Was soll man da auch sprechen? Denn wo die Herzen zueinander reden, da haben die Münder zu schweigen.
Und wieder hat Engelchen seinen Freund umarmt und ihm dabei ganz, ganz tief in die Augen geschaut, so daß dem Teufelchen war, als müsse es darin ertrinken.
Da hat das Teufelchen all seinen Mut zusammengenommen und das Engelchen auf den Mund geküßt. So: Mmmff. Zuerst recht kurz nur und dann noch einmal, schon etwas länger und dann und dann ….
Dem Engelchen hat das so gut gefallen, daß es nach dem ersten kleinen Schreck sofort zurückgeküßt hat, aber gleich zweimal hintereinander. So: Mmmmff Mmmff.
Dann hat Teufelchen doch angefangen zu reden. Es konnte einfach nicht anders. Du, Engelchen, hat es gesagt. Ich hatte solche Sehnsucht nach dir, das war kaum auszuhalten. Aber Engelchen hat nur einen Finger auf Teufelchens Lippen gelegt und schsch gemacht und seinen Freund dabei so liebevoll angeschaut, daß Teufelchen nicht mehr weitersprechen konnte und auch, weil sein Herzchen so heftig gebummert hat.
Engelchen hat ganz sanft Teufelchens Gesichtchen zwischen seine Hände genommen und ihn auf seine Nase küßte. Da war es Teufelchen so, als könne es die ganze Welt, den Himmel und auch die Hölle mit samt seiner Großmutter umarmen.
Aber statt die Welt und was weiß ich zu umarmen hat es Engelchens Hände zu sich emporgehoben und sein kleines Gesichtchen hineingelegt. Und nach einer Weile hat es zuerst die Innenflächen von Engelchens Händen geküßt und dann langsam vom Daumen zum kleinen Finger, und wieder zurück, auch die Fingerspitzen. Vor lauter Glück hätte Teufelchen die Sterne vom Himmel pflücken mögen.
Bald darauf haben sie sich ins Gras fallenlassen. Der Waldthymian hat so schön gerochen. Der Pirol so wunderschön gesungen, daß es eine Lust war, ihm zuzuhören und in den Wipfeln der Bäume hat es gerauscht, als würde der Wald ein Lied für sie singen. Zuerst hat Teufelchen seinen Kopf an Engelchens Brust gelegt und dem Herzschlag seiner Freundin gelauscht. Nach einiger Zeit haben sie die Plätze getauscht und Engelchen lag ganz dicht an Teufelchens Herzen.
Ach, war das schön. Engelchen hat ganz versunken vor sich hingeschaut, ganz eng an Teufelchen gekuschelt, seinen rechten Arm um seine Schultern gelegt. Dabei hatte es diesen »Ich hab dich ganz doll lieb« Blick gehabt.
So blieben sie lange still liegen. Ich glaube, es hat mehr als drei Ewigkeiten gedauert. Ab und zu haben sie sich angeschaut und sich gegenseitig gesagt, wie lieb sie sich hätten.
Und als der erste Nebel über der Waldwiese emporstieg, da sind beide aufgestanden und Hand in Hand den Waldweg entlanggegangen. Und weil ihre Herzen übervoll waren, mußten sie sich immer wieder umarmen. Der Mond hat auf die Waldlichtung geleuchtet, damit sie einer Rehmutter mit ihrem Kitz beim Äsen zuschauen konnten. Vom nahen Moor drangen Kranichrufe herüber und irgendwo im Wald waren Geräusche zu hören, die sie nicht kannten, aber vor denen sie sich auch nicht fürchteten. Manchmal hat der eine oder der andere leise Aaach oder Mmmhhh gesagt, wie man das nur tun kann, wenn das Glück in die Welt hinausgelassen werden will.
Und als der Nebel im Tal stand, so daß man dort weder Baum noch Strauch erkennen konnte, da wußten sie, daß es nun an der Zeit war, Abschied voneinander zu nehmen. Fern über den Baumwipfeln war auch schon ein erstes Leuchten des kommenden Tages zu erahnen.
Sie haben sich umarmt und ganz fest gedrückt. Bevor es zum Abschiedskuß kam, hat Teufelchen noch gesagt: Du! Engelchen. Ich bin so froh, daß es dich gibt. Und auch weil du mich lieb hast, obschon ich doch ein Teufel bin, der dauernd schmutzig ist und arme Seelen braten muß, obwohl ich das nicht will. Dabei ist es ganz rot geworden, das Teufelchen.
Da ist dem Engelchen ganz feierlich zumute geworden. Es hat beide Hände vom Teufelchen in die seinen gelegt und gesagt: Ich werde dich immer liebhaben, egal wo du bist oder was du tust, denn unsere Herzen können sich nicht irren.
Dem Teufelchen sind schon wieder die Tränen nur so geflossen und es konnte gar nichts dafür. Ja, das kann passieren, wenn einer ganz, ganz glücklich ist. Aber Engelchen hat ihm einfach die Tränen fortgeküßt.
Ab mit dir du lieber Teufel, hat das es gelacht und seinem kleinen Freund einen leichten Klaps auf den Po gegeben. Bis bald haben sie sich gegenseitig versichert.
Das Teufelchen hat noch lange, lange in den Himmel geschaut. Auch noch, als es Engelchen nicht mehr sehen konnte. Ach, Engelchen, du bist so lieb, hat es in den Himmel nachgerufen, bevor es wieder in die Hölle hinabstieg.
Zum Beschluß muß ich aber noch erzählen, daß Engelchen kurz vor dem Himmelstor durch eine Regenwolke geflogen ist. Warum, wollt ihr wissen? Ist doch klar, es hat sich so den Kohlenstaub abgewaschen, der hier und da an ihm haftete, besonders auf seinem Engelhemdchen und an den Flügeln.
So, und ihr meint, eigentlich gab es diesmal gar nicht viel zu erzählen vom Engelchen und vom Teufelchen und es sei ja wohl nicht viel geschehen? Na, wenn ihr euch da mal nicht irrt. Ich finde zwischen den beiden ist viel mehr passiert, als ich das heute in Worte fassen konnte.
Geschrieben in Engel, Hans Blazejewski, Uncategorized | 2 Kommentare »
September 17th, 2011 um 9:53 pm
Das ist doch wieder zutiefst herzberührend… diese wunderbare Fortsetzung vom Engelchen und Teufelchen! Danke lieber Hans… für diesen kreativen Schub… der so bereichernd wirkt. Wer will da nicht auf der Stelle selbst zu Beiden werden (oder wenigstens zu einem davon)?!
Die schönsten Überraschungen kommen eben immer gerade dann, wenn wir garnicht dran denken. Das ist dir hier bestens gelungen… zauberlächel…
Liebe Seelengrüße von Gabriele 🙂
September 18th, 2011 um 2:02 pm
Danke Seelenfrauchen. Es wird noch mindestens 1 oder zwei Fortsetzungen geben.
Ich weiß auch schon wie es sein kann. Sag ich aber nicht.
Also, bleib dran.
LG H.