Der Engel der Mitte und das Nadelöhr
Juni 4th, 2010 von Hans Blazejewski
Lisa-Mimmi, der Engel der Mitte und das Nadelöhr
Neulich. Abends im Bett. Ja, wir haben ein Ehebett. Etwas schmal, so 140 breit. Da muß man schon zusammenrücken. Das können wir. Sind ja schon seit Jahren ein Paar. So mit Trauschein und Pastor. Sie damals ganz in weiß, bis auf ihre roten Schopf natürlich. Ich, schmucker Jüngling im lockichten Haar, mit Frack, Zylinder und Silberfliege. Ach ja, damals!
August, August, wo send deene Haare, singt Lisa-Mimmi manchmal unter der Dusche und ich weiß, daß sie mich damit meint, obwohl ich nicht August heiße sondern Hellmut (mit zwei ll).
Also, ich lieg da schon. Kommt Lisa-Mimmi rein in ihrem knöchellangen, bis zum Hals geschlossenen Nachthemd. Das mit Veilchenblumen drauf. Kommt so, wie es ihre Art ist. Stürmisch. Rumms, Tür zu. Knirsch, Fenster auf, obwohl wir neben der Eisenbahn wohnen und jede Nacht fünfzehn Mal der Lokführer oder wie der heißt bei uns vorbeischaut.
Haut sich ins Bett mit ihrem Übergewicht, von dem ich vermute, ich glaub ich sagte es schon, daß es daher rührt, daß sie aus jedem Wort unserer schönen deutschen Sprache das i herausnimmt und hinunterschluckt. Haut sich also neben mich, daß die Sprungfedern stöhnen. Schnauft. Sagt aahh und spricht dann auf mich ein.
Fragt mich: Kennst du egentlech den Engel der Mette?
Tu ich so als schlafe ich. Das kennt sie aber schon von mir, darum stößt sie mir mit ihrem Ellenbogen in die Rippen, daß ich aufstöhnen muß. Worauf sie triumphierend ruft:
Sehste wohl! Ech wußte doch, daß du nech schläfst.
Also gut grummel ich, was willste. Wir hatten doch erst neulich!
Bloß DAS jetzt nicht, denke ich still.
Schau mal, Lebster – sie sagt Liebster auf mich – na das kann ja eine lange Nacht werden. Schau mal Lebster, ech well ja nur wessen ob du den Engel der Mette kennst.
Hartnäckig kann sie ja ganz schön sein.
Nee, grummel ich. Hat sich mir nicht vorgestellt. Soll morgen kommen. Nur nicht am Vormittag. Kann ich jetzt weiter schlafen?
Ach bette jetzt noch nech, wo wer grad so schön plaudern. Ech kann soweeso noch necht eenschlafen. Dabei krault sie mir den Nacken, so wie sie es mit der streunenden floh- und zeckenverwanzte Katze macht, die manchmal durch die Wohnungstür huscht, wenn wir nicht aufpassen um es sich auf unserem Sofa bequem zu machen. Mich juckts schon wieder überall, wenn ich nur daran denke.
Aber ich, wenn ich nur dürfte, knirsche ich durch die Zähne und stell mir vor, meine Lisa-Mimmi würde jetzt im Keller meinen gewaschenen, aber ungebügelten Hemden an den Kragen gehen.
Kannste weeso nex machen, sagt sie. Engel kommen wann und wo und zu wem see wollen. Auch wennste schläfst. Aber dann kreegste das nech met. Besser du bleebst wach.
Also gut, sag ich, dann erzähl mal, sag ich und dreh mich auf die andere Seite, damit sie nicht sieht, daß ich meine Augen geschlossen habe. Während sie von ihrem Engel der Mitte erzählt, und immer leiser und leiser spricht, höre ich eine andere Stimme, wahrscheinlich dievon diesem Engel und sehe, wie einer mit großen Flügeln versucht meine Lisa-Mimmi durch ein Nadelöhr zu treiben. Immer wieder ruft es:
Lesa-Memme! Ab durch dee Mette.
Da paß ech nech rechteg durch ruft sie bißchen was ängstlich.
Und dann muß ich staunen, weil ich sehe: Sie geht hindurch, durch das Nadelöhr, von dem man sagt, eher geht ein Kamel. Zwar mit viel Gewürge, aber Sie hats geschafft, meine Lisa-Mimmi.
Ach Mimmilein ich hab ja so stolz von dir geträumt.
Morgens, Lisa-Mimmi ist schon nach Aldi gegangen, finde ich einen Zettel von ihr. Steht drauf:
Na wart nur, Du Lachuder. Während ich dir vom Engel der Mitte erzählte, der uns liebevoll zu unserer eigenen Mitte führen kann, wenn wir das zulassen, hast du mich angeschnarcht.
Ist Ihnen das auch aufgefallen. Das I kann sie nicht aussprechen, aber schreiben, das geht.
Auf den Zettel hat sie noch geschrieben, wie dieser Engel, der von der Hamburger Engelmalerin Gabriele Diana Bode auf Papier geschaffen wurde, aussieht und wo ich ihn mir ansehen kann. Weil ich Internet kann, hat sie mir gleich die Adresse aufgeschrieben für Besuch machen:
http://www.sichtweise-verlag.de/product_info.php/info/p1581
Wenn Sie, liebe Leser, auch den Engel der Mitte besuchen wollen, dann sag ich nur: Ab durch die Mitte.
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Geschrieben in Engel, Uncategorized | 2 Kommentare »
Juni 4th, 2010 um 6:41 pm
Lisa-Mimmi ist zu allem fähig… im positiven Sinn… Das hast du sogar im Traum gut erkannt, lieber Hans! Und diese Verschmelzung von Traum und Wirklichkeit ist doch wieder mal ein Beweis dafür, daß wir in vielen Welten gleichzeitig leben… denn bis zu Enthüllung am Schluß der Geschichte bin ich dir voll auf den Leim gegangen und hab geglaubt, dies sei euer Gespräch!
Da hat euch der „Engel der Mitte“ zauberhaft durch’s Nadelöhr und auch ein bißchen hinter und natürlich ins L i c h t geführt.
Schmunzelnde Seelengrüße, Gabriele
Juni 5th, 2010 um 4:51 am
Dee Geschechten von Lesa-Memme fende ech emmer prema! Send köstlech und amüsant! Machen neugereg und send spannend! Konnte mer gut vorstellen we der Engel der Mette de Lesa Memme durchs Nadelöhr drückte .. kööööööööööstlech! Freue mech schon auf de nächste Geschechte :-)))