Lisa-Mimmi und der Engel der Wachsamkeit
Oktober 8th, 2010 von Hans Blazejewski
Lisa-Mimmi und der Engel der Wachsamkeit
Sie haben es ja schon früher gelesen, treue Leser, daß es meine Lisa-Mimmi mit der Engelei hat. Heute erzähle ich Ihnen wie es dazu kam, daß wir einen persönlichen Wächter haben, fast so, wie andere Leute einen Wachhund besitzen. Bloß daß unser nicht bellt, kein Schlappi mag und auch keine Leber nur von einem bestimmten Metzger bevorzugt. Und Gassi gehen müssen wir auch nicht.
Also, das war so. Wir waren schon früh zu Bett gegangen. Lagen da und schauten uns tief in die Augen, so wie das zwei Menschen eigentlich nur tun, wenn sie frisch verliebt sind. Dann nahmen wir unsere Löffelchenstellung ein um unsere Traumländer zu besuchen.
Auf eins ein großes Geschrei im Flur. Ziemlich schrill. Dann Gepolter und Gebumse an unserer Wohnungstür. Gleich darauf Geräusche, als liefe einer ganz eilige die Holztreppen hinunter. Ich hatte davon ja nichts mitbekommen. Sie müssen wissen ich bin partiell etwas schwerhörig, besonders an den Ohren.
Meine Lisa-Mimmi hat mir das Spektakel zur Kenntnis gebracht.
Schon beim ersten Geschrei ist sie unter die Bettdecke und ich denke noch: ‚Nun hat sie‘s schon wieder mit dem Tantra‘. Da sich unter der Decke aber nichts tat, rief ich hinein: „Hey, Mimmilein, wann geht’s los.“
„Weso los?“, sagt sie mit bibbericher Stimme. „Haste nech gehört? Em Treppenhaus send Enbrechers. Ech fürchte mech. Nu mach was! Du best doch der Mann. Hau ehn um und ruf dee Polezee.“
Sage ich: „Mimmilein. Wir haben derzeit kein Telefon, wegen der Rechnungen die Du seit sechs Monaten nicht bezahlt hast.“
„Oh!“, ruft sie, „das tut mer aber jetzt echt leed. Gleech morgen renn ech auf dee Post und bezahle alles. Aber jetzt hau en en dee Pfanne, den gemeenen Deeb.“
Da mußte ich lachen und meinte: „Wieso Einbrecher im Treppenhaus. Was gibt es da wegzudieben? Höchstens Zigarettenkippen von dem aus dem 7. Stock, der die Treppe immer mit seinem Aschenbecher verwechselt.“
Gut und lang. Lisa Mimmi hat mir dann in aller Eile berichtet was sie gehört haben will.
Ich also in meine Pampuschen. In der Hast hatte ich mir Lisa-Mimmis Morgenmantel angezogen. Mein Gott. So ein barbierosafarbenes Gewand mit Delphinen überall drauf. Hatte Sie letzten Urlaub auf dem polschen Klamotkiemarkt von einem Russen erhandelt. In Biskupiec, was früher Bischofsburg war, aber heute am gleichen Platz liegt.
Natürlich. Mußte ja so kommen. Macht die Meyersche von gegenüber die Tür auf. Schaut glubsch auf mich, wie ich da so, mit dem Handfeger in der Hand, das Treppenhaus begehe um den Dieb zu fangen.
So eine Aaskreetsche! Schaut spöttisch aus der Bluse und fragt mich, ob ich mit dem Treppenhaus diese Woche dran sei und ob ich das nicht wie ordentliche Leute vormittags erledigen könne. Und ob man das jetzt so trägt, was ich da anhätte.
„Nee kann ich nicht“, hab ich zurückgebellt, und „DAS trägt MANN jetzt. Der neueste Schrei.“ Dann belle ich noch in ihre Richtung:
„Montags muß ich aufs Amt. Dienstags gehe ich mit meiner Frau auf den Markt, da wird es spät. Mittwochs gehen wir zum Friedhof. Donnerstags schlafen wir aus oder machen was Unanständiges. Freitags gehen wir in die Saunalandschaft, Nacktbaden. Samstag haben wir frei und gehen höchstens dem Pfarrer ins Ohr beichten. Sonntags gehen wir in die Kirche, Heuchler und Selbstgerechte anschauen. Sehe ich sie kommenden Sonntag?“
Rums! haut sie die Tür, aber noch zwischen Türrahmen und Angel geb ich ihr noch eins mit und rufe ihr hinterher: "Aber gut, daß wir darüber gesprochen haben!"
Kaum hab ich unsere Tür hinter mir ins Schloß fallen lassen, ruft es auch schon aus dem Schlafzimmer:
„Hellmeleen“, ruft es piepsig unter der Bettdecke hervor. „ Hast ehm gefangen, geknebelt und gefesselt?“ „Ja“, sag ich. „Hab ich. Hab ihn unter dein Bett geschoben.“ Da war sie aber nicht mehr zu halten, meine ehemalige Verlobte. Husch, husch wie ein Geist, raus aus dem Bett, rein in den Kleiderschrank und Tür zu.
Es hat ziemlich lange gedauert biß ich meine Lisa-Mimmi davon überzeugen konnte, daß ich nur einen Witz gemacht hatte und Niemand außer der Meyerschen im Flur zu finden war.
„Veeleecht hab ech den Schree und dee Eenbrechers nur wachgeträumt oder mer eengebeldet“, sagt sie zu mir.
Aber richtig geschnurrt hatte sie erst wieder als ich zu ihr in den Schrank kletterte und wir es uns richtig gemütlich gemacht hatten. Was mit Tantra war? Ja klar! Meine Lisa-Mimmi läßt bei mir nichts anbrennen. Ich übrigens bei ihr auch nicht.
Lisa-Mimmi hat am nächsten Tag die Telefonrechnungen bezahlt und es blieb auch bißchen Geld übrig. Davon hat sie was in den Engelladen getragen und dafür den Engel der Wachsamkeit heimgebracht, so 0,2 Quadratmeter groß.
Der hängt jetzt bei uns gegenüber der Garderobe, mit Blick auf unsere Flurtür. „Der werd uns jetzt emmer bewachen. Das macht er umsonst und grates“, sagt Lisa-Mimmi mit triumphierender Stimme. „Und wenn dee Deebe oder Enbrechers kommen, werden dee gleech weder abhauen, wenn see dem Engel der Wachsamkeet ens Angesecht schauen müssen.“ Dabei macht sie ein solch entschlossenes Gesicht, daß man hier gleich kein Einbrecher sein möchte.
Wenn Sie, liebe Leser auch einen Engel der Wachsamkeit, z.B. als A4-Poster,benötigen, dann kann Ihnen hier geholfen werden, auf dem Landeplatz für große und kleine Engel.
PS: Alle vorherigen Lisa-Mimmi Geschichten finden Sie hier
Geschrieben in Engel, Hans Blazejewski, Satire | 1 Kommentar »
Januar 3rd, 2012 um 5:33 pm
Die Lisa-Mimmi Geschichten sind sehr schön geschrieben. Aufregend und doch zum schmunzeln. Ich werde auf jeden Fall weiter lesen. Mach weiter so. Einfach super